Was ist eigentlich der New Way of Work?

Das Interview mit Michael Graf (Geschäftsführer YOUR OFFICE) führte Philipp Stewart (Redakteur ÖTZ, Lokales & Wirtschaft) im August 2020

Philipp Stewart: Herr Graf, verschiedene Studien sagen: Serviced-Office-Arbeitsplätze sind im Durchschnitt günstiger als klassische Büroarbeitsplätze. Warum gibt es dann klassische Büros noch?

Michael Graf: Das ist tatsächlich so. Wir gehen von einer Ersparnis von zwischen 10 bis 40 Prozent zu traditionellen Office-Arbeitsplätzen aus. Das verblüfft viele. Der klassische Mieter ist es nämlich nicht gewohnt, beim Vergleich von Bürolösungen eine Vollkostenanalyse zu erstellen. Da stehen dann beispielsweise 16 Euro pro Quadratmeter für das konventionelle Büro, 60 Euro pro Quadratmeter beim servicierten Büro gegenüber. Hier ist Aufklärungsarbeit gefragt. Denn viele Manager übersehen bei ihrer Analyse die tatsächlichen Kosten. Will man aber Kostenwahrheit, dann muss man Ausgaben wie Strom, Wasser, Heizung, Kühlung, tägliche Reinigung der Büros, aber auch Serviceleistungen – die man selbst erbringt oder bei Partnern zukauft – wie Facility Management, Rezeptionsbesetzung, Posthandling, Internet oder Telefonie in die Kalkulation einbeziehen. Auch die Wartung, arbeitsrechtliche Vorgaben oder Sicherheitslösungen sind zu berücksichtigen. Beim Serviced Office gibt es All-in-Lösungen ohne Gefahr von Nachzahlungen oder anderen unerwarteten Kosten.

Philipp Stewart: Das heißt die Zukunft liegt eindeutig bei Serviced Offices?

Michael Graf: So pauschal kann man das nicht sagen. Natürlich macht das klassische Büromodell bei bestimmten strukturellen Voraussetzungen oder für spezielle Unternehmensgrößen absolut Sinn. Das gilt in erster Linie für Branchen, in denen sehr gut im Voraus geplant werden kann. Vor allem in Verbindung mit Lagerflächen ist eine Eigenlösung durchaus sinnvoll und wirtschaftlich darstellbar. Ich habe aber schon oft miterlebt, dass auch Konzerne klassische Büros anmieten und nach einem Jahr erkennen, dass 30 Prozent der Fläche auf Grund geänderter Rahmenbedingungen gar nicht mehr benötigt wird. Bei einer langfristigen Bindung mit einem Fünf- oder Zehn-Jahres-Vertrag wird es dann schnell unnötig teuer. Daher geht der Trend auch zu kürzeren Mietvertragslaufzeiten und mehr Flexibilität.

Philipp Stewart: Bei YOUR OFFICE bieten Sie täglich kündbare Büroflächen an. Wie kann das funktionieren?

Michael Graf: Wir sind tatsächlich der flexibelste Vermieter Europas. Konkret: Wir sind der einzige Vermieter, der täglich kündbare Mietverträge anbietet, die wirklich aliquot abgerechnet und trotzdem auf unbefristete Zeitdauer abgeschlossen werden können. Wir bieten das seit rund fünf Jahren. Das Konzept ist mit einer Versicherung – ähnlich einem Stornoschutz – vergleichbar. Die Miete ist für den Kunden nur geringfügig höher als bei längeren Laufzeiten. Daher sehe ich uns nicht nur als Serviced Office- sondern vor allem als Flex-Office-Provider.

Philipp Stewart: Und Ihre Erfahrungen damit?

Michael Graf: Die sind äußerst positiv. So gut, dass wir Flexibilität zu einer unserer Kernkompetenzen gemacht haben. Anspruchsvolle Mieter von heute wollen einfach immer weniger, wie in vielen anderen Bereichen auch, selbst organisieren – aber sie wollen auch nur für jene Leistungen bezahlen, die sie tatsächlich in Anspruch nehmen. On-Demand Services eben. Das erfordert schon sehr viel Flexibilität – und die bieten wir. Unser Selbstverständnis hat sich daher gewandelt. Wir sehen uns nicht als konventioneller Vermieter, sondern eher als modernes Bürohotel. Unsere Kunden erwarten sich ein lächelndes Gesicht am Eingang, professionelles Rezeptionsservice und ein durchgängig, durchorganisiertes Premiumbüro mit allen Annehmlichkeiten, die man durchaus auch aus einem 5-Sterne-Hotel kennt. Ob das die servicierte Lounge ist, eine umfassende Auswahl an servierten Kaffeespezialitäten, ein Concierge-Service der sich spontan um jegliche Anliegen kümmert, die Reinigung die rund um die Uhr zur Verfügung steht, die technische Infrastruktur – Präsentationstechnik, Gebäudetechnik bis hin zu High Speed Internet – das ist alles Standard in unseren Business- und Conference- Centern. Nachdem wir zu einem großen Anteil auch Konzernkunden betreuen, sind wir auch sehr hohe Erwartungen an die Sicherheitsstandards der Locations und an den technischen Support gewohnt; also es ist wirklich eine voll gemanagte Immobilie, bei der sich Mieter um nichts kümmern müssen und von der Tageszeitung bis zum Obstkorb alles zu Verfügung steht. Und darüber hinaus wird auch bei der Abrechnung maximale Flexibilität geboten. Für fixe Büronutzer die das gesamte Package in Anspruch nehmen genauso wie für Homeworker, die nur einzelne Services beziehen oder Corporate Coworking Kunden, die Ihren Mitarbeitern zu jeder Zeit maximale Flexibilität und das jeweils geeignete, inspirierende Arbeitsumfeld bieten wollen. „Value Added Service“ ist bei uns heute Standard.

Philipp Stewart: Aber wie steht es um Ihre Planungssicherheit als Unternehmer? Wie kann das funktionieren?

Michael Graf: Darüber müssen wir uns erfreulicher Weise keine Sorgen machen. Unsere Branche erlebt seit einigen Jahren einen massiven Nachfrage-Boom. Spontane und unerwartete Kündigungen sind äußerst selten und eher auf veränderte Unternehmensausrichtungen oder Spartenschließungen zurückzuführen. Planungssicherheit erreichen wir mit zufriedenen Kunden – also somit über die Qualität unserer Services und die Lage unserer Objekte. Diese verfügen nicht nur über eine top Verkehrsanbindung sondern bringen auch eine Reihe an anderen relevanten Faktoren wie großzügige Stellplatzmöglichkeiten in hauseigenen Tiefgaragen – für Gäste aber auch für die Mitarbeiter, modernste Gebäudetechnik, eine exzellente Anbindung an das internationale Verkehrsnetz uvm mit. Das spielt vor allem für unsere internationalen Kunden eine große Rolle. Wir haben zudem auch immer das Umfeld bei der Standortentwicklung im Auge. Durch benachbarte Bürohubs können sich Synergien für unsere Nutzer ergeben. Ein gutes Beispiel ist das Euro Plaza, wo sich viele Technologieunternehmen oder IT-Unternehmen angesiedelt haben. Oder das QBC, das ein bisschen zu einem Finanzdistrikt geworden ist, da sich in den vergangenen Jahren Banken, Finanzdienstleister oder Versicherungen niedergelassen haben. Wir bieten natürlich auch die Nähe zu anderen Hubs, in denen beispielsweise die Pharmabranche stark vertreten ist. Unsere Kunden sehen das durchaus als Benefit.

Philipp Stewart: Also leidet YOUR OFFICE durch die flexiblen Kündigungsmöglichkeiten nicht an erhöhter Fluktuation?

Michael Graf: Nein. Absolut nicht. Das liegt wie gesagt an der hohen Qualität der Standorte, unserer Services aber natürlich auch an unseren Kunden selbst. Was noch dazukommt: Über die vergangenen Jahre sind die durchschnittlichen Flex-Office-Nutzer ebenfalls gewachsen. War ein Flex-Office früher eher ein Konzept für Start-ups oder Spin-Offs, so sind viele dieser einstigen Kleinunternehmen mit uns gewachsen – sowohl was den Erfolg, als auch was die Mitarbeiter- und somit die Arbeitsplatzanzahl anbelangt. Das freut uns natürlich sehr. Zudem ist das Flex-Office-Konzept selbst mittlerweile auch bei etablierten Konzernen angekommen. Gerade diese Unternehmen wissen die Vorteile eines voll servicierten All-in Konzepts mit entsprechender Planungssicherheit sowie Flexibilität und Skalierbarkeit besonders zu schätzen. Dadurch und auf Grund eines guten Branchenmixes unserer Kunden, sind wir scheinbar weniger anfällig für Krisen. Das lässt sich auch bei der aktuellen Gesundheits- und Wirtschaftskrise wieder gut beobachten. Die Nachfrage steigt gerade auf Grund der wirtschaftlich instabilen Rahmenbedingungen und des vermehrten Bedarfs an flexiblen, innovativen, komfortablen und vor allem produktivitätssteigernden Arbeitsplatzlösungen.

Genau das ist aus unserer Sicht der New Way of Work.

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